Das Jahr im Miniatur Wunderland
2020 war eine Achterbahn der Gefühle - nicht nur auf der neuen Kirmes.
Normalerweise gibt es in unserem Jahresrückblick viele Konstanten - nicht zuletzt konnten wir bislang in jedem Jahr einen neuen Besucherrekord vermelden. Doch wenn es seit diesem Frühjahr eine beständige Konstante gab, dann die, dass nichts ist wie sonst. Wer hätte gedacht, dass wir uns einmal unglaublich darüber freuen würden, dass in einem Jahr „nur“ eine Million weniger Besucher als zuvor (- ⅔) gekommen sind…?
Januar: Freier Eintritt und eine neue Ausstellung
Wie jedes Jahr gab es im Januar freien Eintritt ins Wunderland für alle, die sich diesen normalerweise nicht leisten können. Die Dankbarkeit, die unser Team an der Kasse dabei erfahren durfte, ist nicht in Worte zu fassen. Und auch die Hilfsbereitschaft vieler anderer Gäste, die uns gefragt haben, ob sie dabei für jemand anderen ein Ticket stiften können, hat uns sehr bewegt.
Später im Januar wurde dann die Sonderausstellung „Sauwohl“ eröffnet. Nach unserem kontroversen Facebook-Beitrag zum Thema Massentierhaltung ist eine weitreichende Debatte zu diesem Thema entstanden. Das haben wir zum Anlass genommen, sowohl Tierschutzverbände, Landwirte und verschiedene Verbände an einen Tisch zu bringen. Gemeinsam haben wir eine Ausstellung geschaffen, die einen objektiven Blick auf verschiedene Haltungsformen in der Schweinemast zeigt. So kann sich jeder ein Bild davon machen, woher sein Fleisch kommt, und für sich selbst entscheiden, wie viel er bereit ist dafür zu bezahlen, wenn er weiß, welche Haltungsform er damit fördert.
Transatlantische Modellbaubrücke
Doch das war nur eine von vielen Modellbaustellen. Parallel wurde in Buenos Aires bei der Modellbauer-Familie Martinez am ersten Teil des zukünftigen Südamerika-Abschnitts gebaut. Bis zum ersten Lockdown waren auch immer verschiedene Wunderländer dort, um im kreativen Austausch mit der Familie direkt vor Ort ein möglichst authentisches Miniatur-Abbild des faszinierenden Kontinents zu erschaffen.
Vor wenigen Wochen wurde mit Rio de Janeiro der erste Teilabschnitt fertig und wird in Kürze in Deutschland eintreffen. Wir haben dieses transatlantische Gemeinschaftsprojekt mit der Kamera begleitet und in der Serie „How to build South America“ können Sie den spannenden Weg bis zur Fertigstellung von Rio miterleben:
März: Der erste Lockdown
Durch das dann oft noch neuartig genannte Corona-Virus wurde Anfang März alles anders. Schon bevor die behördliche Anordnung kam, haben wir zum Schutz unserer Gäste und Mitarbeiter entschieden, das Wunderland ab 16. März zu schließen. Bis dahin hatte das Wunderland seit seiner Eröffnung bis auf ein halbes Dutzend Tage seit 2001 jeden Tag geöffnet. Eine mehrtägige, dann sogar mehrwöchige, Schließung war deshalb völliges Neuland und keiner konnte sagen, was mit dem Rollmaterial und den vielen Mechaniken in der Ausstellung geschehen würde, wenn sie so lange still stehen.
Und auch ganz grundlegend wussten wir wie so viele andere Betriebe auch nicht, was mit dem ganzen Wunderland geschehen würde, wenn schlagartig und für längere Zeit keine Besucher mehr kommen und so bei weiterlaufenden Kosten plötzlich die Einnahmen wegbrechen. Glücklicherweise hatten wir in den vergangenen Jahren für einen solchen nicht vorhersehbaren Fall einen Teil der Einnahmen in einem Notfalltopf zur Seite gelegt, der in diesem Jahr ganz entscheidend dabei half, die Existenz des Wunderlandes zu sichern.
April: Neuer Leitstand
Schon lange vor dem Lockdown war ein kompletter Neubau unseres Leitstands, von dem die ganze Anlage gesteuert wird, vorbereitet worden. Dafür musste der alte Leitstand komplett abgerissen werden, um Platz für den neuen zu schaffen. Ein Stockwerk tiefer entstand deshalb ein kompletter temporärer Leitstand, der während des Umbaus im laufenden Betrieb zum Einsatz kommen sollte. Wenn wir gewusst hätten, dass eine Pandemie mit daraus folgendem Lockdown kommen würde, hätte es diesen natürlich nicht gebraucht, aber wer hätte Anfang des Jahres schon mit so etwas gerechnet? Im April wurde der neue Leitstand dann fertig und ist jetzt nicht nur ein angenehmerer Arbeitsplatz für unsere "Bahnfahrer", sondern hat jetzt auch wieder Kapazitäten für künftige Erweiterungen der Anlage. Nach der Schließung hat Gerrit eine virtuelle Führung durch das menschenleere Wunderland gefilmt, in der er auch den faszinierenden neuen Leitstand präsentiert:
Mai: WuStVO
Nachdem die erste Corona-Welle in Deutschland einigermaßen glimpflich vorbei gezogen war, konnten wir Ende Mai wieder öffnen. Doch natürlich war ein Wunderland-Besuch während einer Pandemie nur unter besonderen Vorkehrungen zu vertreten. Um das Infektionsrisiko weitestmöglich zu reduzieren, konnten nur 25 % der regulären Anzahl Besucher das Wunderland betreten und wir haben minutiös kontrolliert, wie viele Menschen sich gerade in der Ausstellungen befinden, um diese Schwelle nie zu übertreten. Doch der sichtbarste Unterschied zu „vor Corona“ war der Boden. Wir wollten sicherstellen, dass sich Menschen in der Ausstellung nicht wild kreuzen und der gebotene Mindestabstand zu anderen Besuchern eingehalten wird, idealerweise auf eine intuitive Weise, damit man sich auf die Ausstellung und nicht nur auf das Abstandhalten konzentrieren kann.
Und so entstand die „WuStVO“ – Wunderland-Straßenverkehrsordnung. Im gesamten Wunderland wurden in hunderten Arbeitsstunden auf dem Boden Straßen mit 8.650m Tape und 1.400m² Folien, sowie über 600 Verkehrszeichen aufgeklebt und die Ausstellung wurde zur Einbahnstraße. Dieses Verkehrsnetz wurde in einem großangelegten Stresstest mit 200 Personen auf Herz und Nieren getestet und hat sich nach der Wiedereröffnung auch im Gästebetrieb bewährt. Viele unserer Besucher meinten sogar, es sei eine Bereicherung des Besuchs gewesen. Mehr dazu sehen Sie in diesem Video:
Juni: Neue Kirmes
Am 30. Juni war es dann soweit: unsere neue Kirmes wurde eröffnet! Als Ersatz für die Kirmes im Mitteldeutschland-Abschnitt aus der Entstehungszeit des Wunderlandes entstand ein kompletter und größerer Neubau, der insbesondere bei Nacht einfach nur spektakulär ist. Auf acht Quadratmetern erwecken 100.000 LEDs und zahllose Motoren Fahrgeschäfte und Buden zum Leben:
Juli: Brückenschlag in die Zukunft
Nur zwei Wochen später konnten wir einen weiteren großen Meilenstein und Wendepunkt in der Geschichte des Wunderlandes feiern. Im historischen Speichergebäude, welches das Wunderland beherbergt, ging uns nach stetigen Erweiterungen der Ausstellung einfach der Platz aus. Lange schon hatten wir davon geträumt, eine Brücke zum Nachbargebäude über das Fleet schlagen zu können, wo weitere 3.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen.
Am 15. Juli wurde der Traum dann Wirklichkeit. Einer der größten portablen Kräne Europas hob die 25 Meter lange und 39 Tonnen schwere Brücke in einer spektakulären Aktion über das Wunderland und an ihren Platz zwischen den Gebäuden. Corona-bedingt durften wir im Vorwege öffentlich nicht über dieses Ereignis berichten, um einen Menschenauflauf zu verhindern. Doch wir haben es natürlich mit zig Kameras für Sie festgehalten:
September: Pole Position für das Wunderland
Im September erreichte uns eine weitere großartige Nachricht - zum bereits dritten Mal in Folge wurde das Wunderland zur beliebtesten Touristenattraktion Deutschlands gewählt. Das war in einem trüben Jahr ein riesiger Lichtblick und hat uns in unserem Willen, das Beste aus der Situation zu machen, noch einmal bestärkt: Wenn die Normalität irgendwann zurückkehrt, wollen wir unseren Besuchern ein noch größeres und schöneres Wunderland präsentieren können. Deshalb gehen auch die Arbeiten an der Formel 1 für den zukünftigen Monaco-Abschnitt ungebremst weiter. Wie viel Detailarbeit in einem einzigen Rennboliden dafür steckt, sehen Sie in folgendem Video:
November: Der zweite Lockdown
Als dann im Herbst die zweite Welle der Pandemie kam und wir wieder schließen mussten, haben wir deshalb entschieden, trotz Schließung mit voller Kraft weiterzuarbeiten und eine lange Liste an Projekten abzuarbeiten, die während des normalen Betriebs einfach nicht möglich waren. Darunter fiel die komplette Erneuerung des Fußbodens in der Ausstellung (mehr dazu in unseren Lockdown-Updates) und der Neubau der Startbahn von Knuffingen Airport. Alles dazu erfahren Sie in Folge 75 von Gerrits Tagebuch:
Dezember: Kleinste Weihnachtsfeier der Welt
Das Wunderland-Jahr findet für das Team normalerweise in unseren beinahe legendären Weihnachtsfeiern seinen abschließenden Höhepunkt. In diesem Jahr galt wegen des Virus natürlich auch diese Konstante nicht mehr. Doch alle Wunderländer haben in diesem Jahr Außergewöhnliches geleistet, um dieser Krise zu trotzen, deshalb wurde jeder einzelne in diesem Jahr auf einer Miniatur-Weihnachtsfeier in der Ausstellung verewigt, die wir uns zusammen erträumt haben:
Nun geht ein Jahr zu Ende, das wohl für jeden beispiellos war. Keiner kann absehen, wie lange die Corona-Pandemie auch das Jahr 2021 bestimmen wird, doch wir werden zuversichtlich ins neue Jahr starten und hoffen, dass wir Sie möglichst bald wieder in der größten kleinen Welt der Welt begrüßen dürfen. Bleiben Sie gesund!